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    Digital Health Szene in Deutschland: Auf der Suche nach Stabilität und Wachstum

    12. Juli 2023 von Diana Heinrichs

    Die Digital Health Szene in Deutschland erlebte zwischen 2016 und 2018 einen beispiellosen Aufschwung. Geeignete regulatorische Rahmenbedingungen für Digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA) öffneten eine Tür für Unternehmen mit leidenschaftlichen Gründern und innovativen Ideen. 

    Heute herrscht dagegen Katerstimmung. Vom einstigen Aufbruchsgeist ist wenig übrig geblieben. Führende Gründer haben ihre Unternehmen und teilweise sogar das Land verlassen. Die erfolgreichste DiGA hat kürzlich Insolvenz anmelden müssen. Namhafte Unternehmen haben ihren Fokus auf den US-Markt verlagert. Und was macht der aktuelle Gesundheitsminister?

    Er philosophiert bei 30 Grad über Hitze Apps, die er jetzt aus der digital-affinen Staatsfeder neu entwickeln lassen möchte. Diese Situation erinnert mich in Teilen an Florian Illies‘ Buch „Liebe in Zeiten des Hasses„, in dem führende Intellektuelle Deutschland verlassen und zu viele in Lethargie verfallen. 

    Wie verhindern wir gemeinsam den Exodus für einen der letzten großen digitalen Bereiche, den wir aus Europa aktiv mitgestalten können? 

    Die regulatorische Tür und ihre Konsequenzen

    Die Einführung digitaler Gesetze im Gesundheitssektor in der letzten Legislaturperiode schuf zunächst eine vielversprechende Grundlage für die Entwicklung der Digital Health Szene. Deutschland hatte endlich die Möglichkeit, sich nicht länger als Schlusslicht zu präsentieren. Allerdings brachten diese neuen Regulierungen auch Herausforderungen mit sich.

    Einige Unternehmen konnten den strengen Anforderungen nicht gerecht werden und verschwanden vom Markt. Andere wiederum sahen sich mit einem komplexen und zeitaufwändigen Zulassungsprozess konfrontiert, der ihre Innovationskraft einschränkte. 

    Selbst wenn Unternehmen die erforderlichen Nachweise für die Wirksamkeit ihrer digitalen Gesundheitslösungen erbracht hatten, folgte aufgrund von Rückzahlungen und Preisabsprachen der Krankenkassen die Insolvenz. 

    Eine weitere Gruppe von Unternehmen verlagerte ihren Schwerpunkt bewusst auf den US-Markt, um der Verhinderungspolitik im deutschen Gesundheitssystem zu entgehen. Diese verschiedenen Faktoren führten und führen zu einem Exodus von talentierten Experten und vielversprechenden Unternehmen aus der deutschen Digital Health Szene.

    Der Exodus der Gründer und Unternehmen

    Ähnlich wie in Florian Illies‘ Geschichte lassen Gründer Berlin, Hamburg und München hinter sich. Dies wirkt sich negativ auf die Branche und den Standort aus, da wertvolles Know-how und Erfahrung verloren gehen. Um diesen Trend umzukehren, ist es entscheidend, endlich eine Atmosphäre der Stabilität, des Vertrauens und der Unterstützung zu schaffen.

    Die Notwendigkeit eines verlässlichen Dialogs und Zusammenarbeit

    Krankenkassen, Ärzte und Behörden müssen mit den Unternehmen in einen verlässlichen Dialog treten und vertrauensvoll zusammenarbeiten. Ein effektiver Austausch von Informationen und Erfahrungen ist unerlässlich, um die regulatorischen Hürden zu überwinden und die Digitalisierung im Gesundheitssektor voranzutreiben.

    Krankenkassen sollten bereit sein, innovative Lösungen zu unterstützen und digitale Gesundheitsangebote in ihre Leistungskataloge aufzunehmen. Ärzte und Behörden sollten die Vorteile der Digitalisierung erkennen und aktiv an deren Umsetzung teilhaben.

    Chancen für Wachstum und Export

    Die Digital Health Branche in Deutschland hat das Potenzial, Arbeitsplätze zu schaffen und zu einem Exportschlager zu werden. Die Integration von Künstlicher Intelligenz und digitalen Ansätzen ermöglicht neue und effiziente Lösungen im Gesundheitswesen.

    Diese brauchen wir so dringend angesichts unserer alternden, adipösen und schrumpfenden Gesellschaft. Wenn die richtigen Rahmenbedingungen geschaffen werden, kann Deutschland zu einem führenden Standort für Digital Health Innovationen werden. Dies würde nicht nur die lokale Wirtschaft ankurbeln, sondern auch neue Möglichkeiten für den Export von digitalen Gesundheitslösungen eröffnen.

    Die deutsche Digital Health Szene hat mit einigen Herausforderungen zu kämpfen, aber sie birgt auch große Chancen für Wachstum und Innovation. 

    Harte Arbeit für unsere alternde Gesellschaft

    Innovationen fallen nicht vom Himmel. Der demografische Wandel, eine alternde Bevölkerung und der Fachkräftemangel erfordern neue Lösungen. Anders als in Florian Illies‘ Buch haben wir noch die Chance, den Exodus von Gründern und Unternehmen zu stoppen, um die Branche zu stärken. Dafür muss die Politik endlich die notwendigen Voraussetzungen schaffen und die Digitalisierung in der Gesundheitsversorgung konsequent voranbringen.

    Darüber hinaus benötigen wir einen verlässlichen Dialog und eine enge Zusammenarbeit mit Krankenkassen, Ärzten und Behörden. Nur so kann Deutschland zu einem bedeutenden Standort für Digital Health werden, der Arbeitsplätze schafft, Innovationen vorantreibt und als Vorbild für andere Länder dient. Es liegt an allen Beteiligten, die notwendigen Schritte zu unternehmen, um diese Vision zu verwirklichen.