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    Betreuung in der Pflege – Was ist das: freiheitsentziehende Maßnahmen?

    24. März 2016 von Diana Heinrichs

    Nein, nein, Frau Schmidt, Ihre Mutter muss fixiert werden, sie ist extrem sturzgefährdet. Dafür haben wir hier in der Pflege keine Zeit, ständig auf Ihre Mutter aufzupassen. Kümmern Sie sich mal beim Amtsgericht um die Genehmigung. Der Hintergrund: Das Pflegeheim kann keinen Bewohner fixieren – auch nicht kurzfristig – wenn keine gerichtliche Genehmigung dazu vorliegt.

    Wieso verlangt die Heimpflege von mir, dass ich die Beweglichkeit meiner Mutter noch weiter einschränke und sie tagsüber im Rollstuhl oder Pflegebett fixiert werden muss. Wir haben uns doch extra für einen Heimplatz entschieden, damit das nicht passiert. Das hätten wir auch zu Hause gekonnt, dann wäre Vieles einfacher gewesen. Alles in allem: verstörend.

    Was sind freiheitsentziehende Maßnahmen?

    Im Gegensatz zu dem Begriff der „geschlossenen Unterbringung“ handelt es sich bei freiheitsentziehenden Maßnahmen um alle Möglichkeiten, sturzgefährdete Personen – beispielsweise ausgelöst durch Demenz – durch die Anbringung von Gittern oder Bauchgurten am Bett, die Fixierung im Sitzen, die gezielte Ruhigstellung durch Medikamente zu forcieren bzw. auch konkret nach eigenem Ermessen des Heims bzw. der Pflege einsetzen zu können.

    Welche Voraussetzungen sind per Gericht erforderlich?

    Die Genehmigung wird dann erforderlich, wenn der Bewohner die Fähigkeit und den (natürlichen) Willen hat, das Bett bzw. den Sitzplatz aus eigener Kraft zu verlassen, daran aber gehindert werden soll. Geht es nur darum, ein (passives) Herausfallen bzw. Herausrutschen zu verhindern oder vollzieht der Betroffene nur unwillkürliche, reflexhafte und nicht willensgesteuerte Bewegungen, so handelt es sich nicht um eine Freiheitsentziehung. Die Maßnahme (z.B. kurzfristige Fixierung bei „Gefahr im Verzug“, Anmerk. d. V.) bedarf dann nicht der gerichtlichen Genehmigung (Amtsgericht Bonn, Betreuungsgericht).

    Demzufolge erteilt das Gericht diese Genehmigung ausschließlich, wenn „die dauerhafte oder wiederholte bzw. regelmäßige Fixierung mittels Bauchgurt“ erforderlich ist.  Grundsätzlich ist die Voraussetzung, dass dadurch „erheblicher Schaden von dem Betroffenen abgewendet wird, z.B. durch Verletzungen bei Stürzen“.

    In jedem Fall muss das Pflegeheim dann auch alles getan haben, um Stürze zu verhindern, bzw. die Schwere der Stürze abzufangen. So z.B. durch ein Niederflurbett, eine Sturzmatte vor dem Bett und auch die Verwendung von Hüftprotektoren (Sturzprophylaxe).

    Das Gericht sieht die Fixierung von Menschen mit Alltagseinschränkung als extreme Form des Freiheitsentzugs und besteht darauf, dass zunächst alle alternativen Möglichkeiten der Sturzvermeidung getroffen werden.

    Meine Empfehlung: Bestehen Sie im Pflegeheim darauf, dass alle Möglichkeiten der Prophylaxe von Heimseite aus eingerichtet und auch genutzt werden. Behalten Sie einen kühlen Kopf, wägen Sie situationsbedingt ab, holen Sie sich Rat und Tat bei den vorgenannten Stellen und lassen Sie sich erneut von Ihrem Gefühl leiten, das Richtige zu tun.

    Bildquelle: Shutterstock