Wie passen New Work in der Pflege und die Zukunft Arbeit zum Aschermittwoch?
LINDERA’s erste Hausmesse für die Pflege hat am 13. April rund 40 Teilnehmende aus dem Pflegeumfeld Berlin-Brandenburg in das lichtdurchflutete Office des jungen Technologieunternehmens in den Berliner Stadtteil Kreuzberg gelockt. Expert:innen aus der Pflege-IT, Politik, Wissenschaft sowie der ambulanten und stationären Pflege sind angetreten, um sich offen zum Status Quo ihrer Einrichtungen auszutauschen sowie Erfahrungswerte, aber auch Hemmungen zu teilen – und die Digitalisierung der Pflege sowie Neues Arbeiten in den Fokus zu rücken. Fünf wesentliche Erkenntnisse von der Lindera Hausmesse über die Zukunft der Pflegearbeit und eine exklusive Podcastfolge zur Paneldiskussion.
Hören und gehört werden, Impulse mitnehmen; Ideen, aber auch Skepsis laut äußern und über Best Practices und den Einsatz und Nutzen innovativer Tools sprechen – und das alles in einem Raum mit Pflegenden, Qualitätsbeauftragten und Entscheider:innen aus der Pflege, die verschiedene Erfahrungen aus ihrem Pflegealltag mitbringen. Dafür hat Lindera mit der Hausmesse das erste physische Pflege-Event Post-Pandemie ins Leben gerufen.
Den Auftakt bildete ein Impulsvortrag von Sonja Fröse, Fachautorin, Qualitätsbeauftragte und examinierte Gesundheits- und Pflegefachkraft mit mehr als 20 Jahren Erfahrung in der stationären wie auch ambulanten Pflege. Im Rahmen der Lindera Hausmesse zeichnete sie den Weg der Digitalisierung über die letzten Jahre nach. In einer anschließenden Paneldiskussion haben die anwesenden Expert:innen aus der Pflegewirtschaft das Thema vertieft.
Neben Sonja Fröse, haben Nicole Höfler, Gerontologin und Studienreferentin, Ann Kathrin Adam, Ergotherapeutin sowie Moderatorin Menia Ettrich, ehemalige Pflegehilfskraft und Ergotherapeutin, die Diskussion eingeleitet. Das Pflege-diverse Publikum beteiligte sich mit persönlichen Geschichten und Fragen aus dem Pflegealltag rege an der Panelrunde.
Pflegesoftware-Entwickler:innen, Praxisanleiter:innen, Pflegekräfte, Pflegewissenschaftler:innen und Gäste wie Staatssekretärin Ana-Maria Trăsnea und DiPA-Experte Jonas Albert lauschten und diskutierten u.a. die Fragen: Wie können Pflegekräfte entlastet und mehr Menschen für den Beruf begeistert werden?
Welche Erwartungen tragen Pflegeschüler:innen, aber auch examinierte Fachkräfte an ihr Berufsfeld heran, wenn sie über Digitalisierung und Neues Arbeiten nachdenken? Wie müssen Unterrichtsinhalte und Fortbildungsmöglichkeiten neu ausgerichtet werden? An welcher Stelle hakt die Entscheidung über die Pilotierung oder Einführung neuer, digitaler Tools?
Das sind die fünf wesentlichen Erkenntnisse des Nachmittages:
- Austausch von Praxis zu Praxis: Der Austausch mit Kliniken und Einrichtungen, die innovative, digitale Tools bereits erfolgreich nutzen, ist wesentlich. Der Mehrwehrt des Praxis-Austausches ist bis dato der am stärksten unterschätzte. Bisher gibt es zu wenig Events, die einen solchen – auch interdisziplinären – Austausch fördern. Digitalisierung und Neues Arbeiten kann erfolgreich ausgeweitet werden, wenn zudem bei der Wahl der Kooperationspartner genau hingeschaut wird: Wie aufgeschlossen gehen die Partner mit Innovationen um? Ist die Pilotierung von digitalen Projekten gelebte Praxis?
- Entlastung durch Befähigung und Erneuerung der Lehr- und Fortbildungsinhalte: Digitalisierung und neue Tools können Betreuungsassistenten und Pflegeauszubildende gleichermaßen befähigen und Entlastung von examinierten Gesundheits- und Pflegefachkräften herbeiführen. Es ist eine neue Möglichkeit, Quereinsteiger:innen oder auch Fachkräfte aus anderen Gesundheitsbereichen oder Ländern effizient und kurz- bis mittelfristig in den Pflegealltag einzubinden.
Nicole Höfler, Gerontologin und Studienreferendarin im zweiten Staatsexamen, entwickelte u.a. eine Unterrichtseinheit zum Thema Digitalisierung für Pflegeschulen: „Die Bereitschaft, neue Tools in den Alltag einfließen zu lassen und neue Arbeitsstrukturen herauszubilden, ist da. Doch die Fachkräfte müssen dort abgeholt werden, wo sie gerade stehen. Die Digitalisierung erhält dabei nur Einzug, wenn sie den examinierten Fachkräften in Form von Weiterbildungsmöglichkeiten und Pflegeschüler:innen im Rahmen des Unterrichts vorgestellt wird. Diese Lehrinhalte müssen dringend angepasst werden.“ - Kompatibilität von Schnittstellen der einzelnen Pflege-Systeme: Für die Zukunft der Pflege wird die Frage, wie mit Ärzt:innen, Fachkräften aus anderen medizinischen Bereichen, Pflegebedürftigen und Angehörigen kommuniziert werden soll, eine wesentliche Rolle spielen. Interoperabilität bzw. der Austausch von Daten über verschiedene Schnittstellen und Systeme erlauben den Einsatz innovativer Apps und Tools, die die Pflegedokumentation und qualitätsgesicherte Versorgung verbessern können. Lückenlose Kommunikation zwischen den medizinischen Fachkräften ermöglichen Effizienzverbesserung und sparen Zeit für aufwendige Arbeiten, um den Fokus auf die Therapie und persönliche Betreuungszeit zurückzulenken.
- Neues Arbeiten, auch mit Senior:innen: Wer nicht hören will, muss nicht fühlen, aber es schwarz auf weiß und mit den eigenen Augen sehen. Wie Ann Kathrin Adam, Ergotherapeutin in der Altenpflege erzählt, verhalf bei einem ihrer Bewohner nur der Blick auf den digitalen Bildschirm zur Einsicht: Der Vergleich einer Ganganalyse mit vernünftigem Schuhwerk versus den ausgelatschten Pantoffeln brachte ein eindeutiges Ergebnis hervor, in dem das Sturzrisiko mit Pantoffeln wesentlich höher ausfiel. Digitale Tools bringen eine Objektivität mit, die eine qualitätsgesicherte Versorgung sicherstellen und im Zweifel nicht nur die Skepsis und Vorbehalte von Pflegebedürftigen, sondern auch Fachkräften abbauen. Eine objektive Bewertungsgrundlage beispielsweise zum Themenkomplex Sturzrisiko durch eine digitale Bewegungsanalyse schafft Gelegenheit, mit Pflegebedürftigen über ihre Mobilität zu sprechen und präventive Maßnahmen einzuleiten.
- Erleichterung und Entlastung betreffen vor allem den Zeitfaktor: In der Pflege sind zwei Arbeiten wesentlich. Die direkte Zusammenarbeit mit und Arbeit an den Pflegebedürftigen, sowie die Dokumentation der Pflege im Anschluss an die Betreuung. Nicht mehr über der Handschrift des Facharztes rätseln und die Visite händisch in die Pflegedokumentation übertragen müssen, schafft mehr Entlastung, mehr Zeit für die persönliche Betreuung und erleichtert den fach- und schichtübergreifenden Austausch. Eine digitale Mobilitätsanalyse, die ein erhöhtes Sturzrisiko aufzeigt, schafft beispielsweise die Gelegenheit, mittels objektiv analysierter Daten auf das betreuende Team und Angehörige der Pflegebedürftigen zuzugehen und über konkrete Maßnahmen zur Prävention zu sprechen.
Über eine Fortsetzung der Hausmesse als regelmäßige Eventreihe für die Pflege denkt das Lindera Team bereits ebenfalls nach.
Die Diskussionsrunde zum Nachhören gibt es als Podcast hier.