Gastbeitrag von Michael Lanschützer: Großmutter, schon wieder das Passwort vergessen?

17. Dezember 2015 von Diana Heinrichs

Wir sprechen über Silver Surfer und iPads für Senioren. Wenn die Generation 60plus einen Selfie macht, gilt das als neues Symbol für Vitalität. Sehe ich meine Großmutter Ida mit ihren 90 Jahren über ihr Tablet mit dem Finger flitzen, weiß ich: Technik ist so einfach und intuitiv geworden, dass sie nicht mehr länger Generationen spaltet. Sie bringt uns enger zusammen. Via Skype ist Ida nur zwei Klicks von meiner Schwester in Dubai entfernt. Mit ihr jeden Tag ein Stück unseres Urlaubs zu teilen, sagt mehr als tausend Postkarten – geschrieben hätte ich die ohnehin nicht.

Die schöne neue Welt hat nur einen Haken. Was früher mal der Blue Screen, der blaue Bildschirm, bei Windows war, ist heute das Passwort. Über alle Geräte hinweg, von Smartphone über das Tablet und den PC, wird aus der großen Welt des Internets eine sehr beschränkte, wenn wir unsere Kombination aus Zahlen und Buchstaben vergessen haben.

Ein deutscher Verband hat dazu 1.009 Internetnutzer ab 14 Jahren befragt. Das Ergebnis: „38 Prozent mussten die Funktion „Passwort vergessen“ bei Online-Diensten nutzen“ in den letzten 12 Monaten zurücksetzen lassen. Ob die Anzahl der 60plus dabei überproportional hoch lag und ob diese Altersgruppe überhaupt an der Umfrage beteiligt war, mag ich nicht sagen. Nur sicher ist: Meine Großmutter kann nichts aufhalten, solange sie nicht nach dem Passwort gefragt wird. So meldet sie sich regelmäßig mit den vermeintlichen kleinen Tücken der digitalen Welt bei mir.

Mal benötigt geht es um einen Zugang zu ihrem Apple Konto. Wer weiß noch, welche Kombination sie dort hinterlegt hat? Mal wird sie nach Kreditkartendetails gefragt. Wer glaubt, dass eine 90-Jährige mit Visa, Master und Amex ausgestattet ist? Ohnehin liegt Ida daran, nur kostenlose Apps zu nutzen. All diese kleinen Probleme ließen sich in wenigen Minuten lösen, die Passwortsuche dauert nur fünf bis zehn Mal solange, wenn sie überhaupt erfolgreich ist. Sicher hat sie die Zugangsdaten auf einem Zettelnotiert. Nur wo ist der Zettel? Zu welchem Konto gehört jetzt diese Kombination?

Wenn wir mal wieder auf der Suche nach dem einen oder anderen Passwort sind, frage ich mich, wann dieser Stolperstein vor allem für Senioren gelöst ist. Die Antwort ist sicher nicht, dass ich alle Passwörter für die Familie führe. Nicht, dass mir dazu nicht einige praktische Apps und Systeme einfallen. Nur auch mit 90 Jahren hat Großmutter ein Recht auf Privatsphäre. Warum sollte sie an dieser Stelle entmündigt werden, wenn es doch einen einfachen Weg geben muss, das Passwortproblem zu lösen.

Wie kann also ein Programm zum Passwörter finden für Senioren aussehen? Wie kann ich ihr im Wohnzimmer und auch von unterwegs helfen, Apps bei Bedarf zu aktualisieren? Wie funktioniert ein digitales Leben ohne Kreditkarte? Was aktuell noch mühsam ist, kann doch in der Welt der Sensoren und Gestensteuerungen nicht so schwer sein. Können wir das Passwort komplett mit Augenlesen oder Fingerabdrücken ersetzen? Dies sollte nicht nur beim Anschalten eines Geräts, sondern immer dann, wenn Ida vor einem digitalen Zugangstor steht, funktionieren. Auch wünsche ich mir Administratorenrechte. So kann ich ihr helfen, ohne in ihre Privatsphäre einzudringen. Paypal und Kreditkarten als Bezahlsysteme sind sicher in meiner Generation praktisch. Nur wie kann meine Ida durchs Netzt mit Zahlscheinen navigieren? Diese Frage steht auf meinem Wunschzettel 2015.

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