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Blog Pflege Evidenzen

Pflegequalität im KI-Zeitalter: Was 28 Experten aus der Pflegepraxis wirklich denken

Diana Heinrichs
Diana Heinrichs |

Expertenstandards, KI und die Brücke zwischen Theorie und Praxis - unsere wichtigsten Erkenntnisse aus dem LINDERA-Webinar heute mit Qualitätsmanagern, Pflegefach- und Führungskräften.

28 Stimmen aus der Pflegepraxis

Unser Webinar "Expertenstandards und KI - Wo ist die Brücke?" war innerhalb weniger Tage ausgebucht. 28 Teilnehmer aus Qualitätsmanagement, Pflegedienstleitungen und der direkten Pflegepraxis diskutierten mit uns über die Zukunft der Pflegequalität.

Warum dieses Thema so bewegt? Als LINDERA-Team stehen wir täglich vor der Herausforderung: Wie bringen wir evidenzbasierte Pflegequalität und moderne KI-Technologie zusammen? Die Antworten unserer Teilnehmer haben uns neue Perspektiven eröffnet.

Was ist Pflegequalität wirklich? Drei Dimensionen im Spannungsfeld

"Pflegequalität bedeutet für mich, dass die zu pflegende Person sich durch fachliche Kompetenz, Zuwendung und guter Kommunikation sicher, respektiert, gut versorgt und individuell betreut fühlt" - dieser Beitrag eines Teilnehmers bringt die Komplexität auf den Punkt.

Die drei Perspektiven der Pflegequalität

Aus den Diskussionen kristallisierten sich drei verschiedene Sichtweisen heraus:

  1. Extern: MD-Kriterien und regulatorische Anforderungen
  2. Intern: Was jede Einrichtung für sich selbst als Hausstandard definiert
  3. Bewohner: Wie Qualität subjektiv wahrgenommen wird - "was die zu pflegende Person für sich selber wahrnimmt"

Diese Mehrschichtigkeit macht deutlich: Es gibt nicht DIE eine Definition von Pflegequalität. Und genau hier liegt eine der größten Herausforderungen für KI-Systeme in der Pflege.

Zwei Entwicklungsströme in der Pflege

Als LINDERA beobachten wir aktuell zwei verschiedene Herangehensweisen:

Der erste Strom: Einrichtungen, die Qualität bereits aus eigener Kraft schaffen und KI als zusätzliches Werkzeug einbeziehen. Diese Teams sehen in technischer Unterstützung eine Chance, ihre bereits gute Arbeit zu optimieren.

Der zweite Strom: Einrichtungen, die noch nicht den Sprung zu systematischer Qualitätsarbeit geschafft haben. Hier wird oft gehofft, dass externe Lösungen das Problem lösen - aber ohne interne Strukturen funktioniert auch die beste Technologie nicht.

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Expertenstandards und KI: Die Brücke ist da - wird aber nicht immer genutzt

Ergebnis: Expertenstandards sind die fachliche Basis - "müssen erfüllt werden" - und KI kann dabei helfen. Aber es gibt eine Diskrepanz zwischen Wissen und Handeln.

Wo KI erfolgreich in den Expertenstandards ansetzt

Evidenzbasierte Unterstützung: KI kann die fachliche Qualität der Standards messbar verbessern

Zeitersparnis: Automatisierte Analysen, Entscheidungsvorlagen und Maßnahmenpläne entlasten Pflegekräfte

Objektivität: "KI soll objektive Kriterien liefern"

KI als Unterstützung, nicht Ersatz - Klare Grenzen aus der Praxis

Die Botschaft der Teilnehmer war eindeutig: KI darf unterstützen, aber niemals ersetzen.

Positive KI-Beispiele aus der Praxis

  • 3D-Wundanalyse zur präzisen Beschreibung und Einschätzung
  • SIS und Maßnahmenvorschläge (wie bei LINDERA) "geben den Personen Sicherheit und sie stehen nicht alleine da"
  • Unterstützung für junge Fachkräfte nach der Ausbildung und ausländische Kräfte
  • Qualitätsstandardisierung: "Mit KI sollen sie auf eine Linie gebracht werden" trotz unterschiedlicher Historie und Berufserfahrung

Klare Anforderungen an KI-Systeme

Keine direkte Übernahme: "Direkte Übernahme darf nicht passieren"

Entscheidungsunterstützung: "Was kann davon in den Pflegeprozess übernommen werden? Was unterstützt den Bewohner?"

Zeit: "Wie kann ich die Qualität die ich haben möchte in der kürzesten Zeit erreichen? Vor allem beständige Qualität."

Rote Linien: Was menschlich bleiben muss

"Was nicht ersetzt werden darf ist das trotz KI jede Fachkraft immer noch ihr eigenes Pflegewissen benötigt"

  • Fallbesprechungen und zwischenmenschliche Prozesse bleiben menschlich
  • KI kann Qualität unterstützen, aber nicht übernehmen
  • Die finale Entscheidung liegt immer beim Menschen

Der entscheidende Erfolgsfaktor: Der Nutzen für Mitarbeiter

Kernerkenntnis: "Treiber für KI ist, wenn der Mitarbeiter den Nutzen erkennt."

Was Pflegekräfte wirklich brauchen

  • "Was unterstützt mich im Pflegeprozess?" ist die entscheidende Frage
  • Der Kosten-Nutzen-Faktor muss stimmen
  • Ohne Incentivierung für Qualität setzt Lustlosigkeit ein

Zwei Bewertungsebenen

Pflegekräfte bewerten nach praktischem Nutzen im Arbeitsalltag

Kaufmännische Leitung kalkuliert den Kosten-Nutzen-Faktor

Beide Ebenen müssen überzeugt werden - aber mit unterschiedlichen Argumenten.

Was uns als LINDERA nachdenklich macht

"Was ist Pflege, wenn alles 100% effizient ist? Wie geht es den Mitarbeitern, wie geht es den Bewohnern damit?"

Diese ehrliche Reflexion beschäftigt uns. Effizienz allein kann nicht die Antwort sein.

Unsere drei wichtigsten Learnings

  1. KI muss Zeit schaffen für das, was wichtig ist - nicht nur effizienter werden
  2. Objektivität und Individualität müssen in Balance stehen
  3. Der Nutzen für die Pflegekraft entscheidet über Akzeptanz und Erfolg

Wie es weitergeht: Fortsetzung der Webinar-Serie

Das große Interesse zeigt: Der Dialog zwischen Pflegepraxis und KI-Entwicklung muss weitergehen. Wir planen eine Fortsetzung dieser Webinar-Serie - gerne auch mit spezifischen Themenwünschen aus der Community.

Pflegequalität braucht den Dialog

Unser wichtigstes Learning: Pflegequalität im KI-Zeitalter entsteht nicht durch Technologie allein, sondern durch den kontinuierlichen Dialog zwischen Entwicklern und Praktikern.

Die 28 Teilnehmer haben uns gezeigt: KI kann die Pflegequalität verbessern - aber nur wenn sie die Menschen stärkt, nicht ersetzt.


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