Eindrucksvolle Zahlen erhob das Zentralinstitut für Seelische Gesundheit (2013) in deutschen Pflegeheimen, die quer durch die Republik erfasst wurden. Die Zusammensetzung der untersuchten vollstationären Pflegeheime kann in Bezug auf Lage, Trägerschaft und Bewohnerzahl als repräsentativ gelten. Das Studiendesign bestand aus einer Pflege- und Verhaltensbewertung, welche für alle Heimbewohner durch qualifizierte Studienmitarbeiter erfasst wurde. Darunter fiel auch das sogenannte Demenz-Screening, das Art und Umfang der Demenz anhand einer Skalierung in einzelne Demenzgrade (DSS) unterteilt. Insgesamt wurden in der Studie Daten von 97,7 Prozent der Heimbewohner erhoben; zur dann erfolgten Auswertung standen 4.500 Bewertungen zur Verfügung. Die Studie kam zu folgendem Ergebnis:
zwischen 45 und 90 Prozent der Bewohner weisen eine Demenz auf, der Mittelwert liegt bei 69 Prozent. Bei den über 85 Jährigen liegt der Anteil der Demenzerkrankten immerhin schon bei rund 73 Prozent. (Sie erinnern sich an den Beitrag: Der größte Feind des Alters ist die Demenz!
Bemerkenswert ist weiterhin, dass das so notwendige Demenz-Screening (DSS), normalerweise von einem Arzt durchgeführt, für eine große Anzahl der Heimbewohner nicht vorlag. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass eine adäquate Betreuung bzw. Therapie eben wegen der fehlenden gesicherten ärztlichen Diagnose gar nicht erst möglich ist. Offensichtlich werden viele Heimbewohner durch Pflegekräfte beim Nachlassen der geistigen Fähigkeiten klassifiziert. Das führt unweigerlich zur Frage, wie unsere deutschen Heimbewohner ärztlich versorgt werden. Entgegen anderen europäischen Ländern, in denen ein angestellter Arzt im Heim die ärztliche Versorgung übernimmt, wie beispielsweise in Schweden, bietet sich in Deutschland ein komplett anderes Bild. Mit steigendem Schweregrad der Demenz nimmt die Häufigkeit der Kontakte zum Hausarzt kontinuierlich ab. Dabei gibt es keine angestellten Ärzte in deutschen Pflegeheimen – Ausnahme stellen Premium Pflegeheime dar.
Bei der fachärztlichen Versorgung, Augenärzte, Gynäkologen oder Zahnärzte sieht es kaum anders aus. Ein direkter Zusammenhang zwischen Versorgungsraten und Demenz konnte konkret festgestellt werden. Je höher der Grad der Demenz war, desto niedriger war die Versorgungsrate. Die Autoren der Studie kamen zu dem Schluss, dass diese Befunde auf deutliche Defizite in den Heimen hinweist. (M. Schäufele u.a.: Prävalenz von Demenzen und ärztliche Versorgung in deutschen Pflegeheimen: eine bundesweite repräsentative Studie, in: Psychiatrische Praxis 2013; 40 (4); S. 200-206)
Seit dem 3. Altenbericht (2002) ist klar,
dass die Lebensqualität im Heim für Demenzkranke ein besonderes bauliches, betriebliches und soziales Milieu erfordert, das krankheitsbedingte Defizite kompensiert und deren Folgen auffängt.
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